Die Logik der Unbestimmtheit der japanischen Sprache - Strategien um Sprachen zu lernen
Dienstag, 24. August 2021
Takashi Uemura
*Anm.: Diese Debatte ist fiktiv. Die Personen und Institutionen sind auch fiktiv.
Julia und Markus lernen Japanisch an der LMU. Die Beiden sind im dritten Semester, aber sie sind schon dabei, die japanisch Prüfung N2 zu bekommen. Heute ist Freitag. Die zwei fleißigen Studierenden haben keine Lektüren und auch keine Vorlesungen. Deshalb hatten sie sich entschieden, sich in der Mensa zu unterhalten. Lassen wir uns einmal sehen, worum es in dem Gespräch geht!
J: Grüß dich, Markus! Wie geht’s dir?
M: Es könnte schon besser sein, aber heute ist echt ein blöder Tag.
J: Oh, was ist denn passiert? Brauchst du vielleicht Hilfe?
M: Ich habe keine Lust auf meine Hausaufgaben. Derzeit nehme ich am Modul „Schreiben“ teil, und ich muss bis nächsten Montag einen Aufsatz zum Thema „Sprachenlernen“ auf Japanisch verfassen. Der Dozent ist so schlau, dass er keine weiteren Stichpunkte außer dem Thema gegeben hatte. Deswegen habe ich jetzt Schreib-Blockaden.
J: Wie wäre es, wenn du über deinen Jammer dem Dozenten schreibst?
M: Dein Ernst? Ich werde den Kurs durchgefallen!
J: Nein, ich scherzte nur. Ich habe auch eine Aufgabe beim Modul „Sprechen“. Ich muss mich darauf vorbereiten, zum Thema „Tipps zum Sprachenlernen“ ein Referat zu halten. Mir graut vor dem Vortrag, weil ich noch keine Idee zu dem Thema bekommen habe.
M: Vielleicht können wir eine Diskussion darüber haben, weil wir heute relativ viel Zeit haben. Ich glaube, wir können ja Tipps zum Studium an der japanischen Universität finden! Nämlich, wir werden ab nächstes Semester als Austauschstudenten an der Universität Kyoto studieren.
J: Gute Idee! Wahrscheinlich ist es von Nutzen, dass wir uns über Lernmethoden unterhalten.
M: Ja, wir haben schon einmal darüber geredet: Ich hasse es, mir die Wortlisten und die Grammatik zu merken. Lieber benutze ich echte Materialien, z.B. eine Novelle, eine Zeitung, eine Zeitschrift, ein YouTube, oder einen Podcast. Trotzdem mache ich immer zunächst eine Liste mit Grammatik und eine Wortliste vom Text. Ich verstehe einfach nicht, warum du nur so langweilig lernst.
J: Mir ist doch niemals langweilig. Ich bin sehr neugierig, wie du die japanische Sprache lernst. Auch die Wortliste ist für Lernenden sehr hilfreich, weil wir dann sehr effektiv auswendig lernen können, wie Japaner üblicherweise sprechen.
M: Wir können die japanische Sprache Sprechen lernen, wenn wir ganz viel Anime oder Manga schauen, oder? Natürlich ist es abgeraten, nur die ganz alte japanische Literatur für die gesprochene Sprache zu lernen. Es gibt einen Unterschied zwischen Schriftsprache und Alltagssprache. Trotzdem, man kann auch beim Lesen von Anime und Manga einen Haufen von Ausdrücken lernen, die beim Gespräch von Nutzen sind.
J: Der größte Nachteil vom Japanisch lernen mit Manga ist, dass man nicht weiß, ob es sich um Alltagssprache handelt. Z.B. sagt NARUTO immer mit „-tebayo“ am Ende einer Aussage, welches auf jeden Fall nicht üblich bei der alltäglichen Unterhaltung unter Japanern ist. Nur weil die Materialien auf Japanisch geschrieben worden sind, heißt es nicht einfach, dass die Phrasen stilistisch ok sind. Im Gegenteil man kann mit der Grammatik und mit Wortlisten gut herausfinden, wie man in Japan auf Japanisch kommuniziert, weil die Ausdrücke als Norm erstellt und aufgelistet werden. Ich denke, die Logik und genaues Denken sind ziemlich wichtig für effektives Japanisch lernen.
M: Du solltest dann einmal nachdenken, dass die Sprache selbst nicht immer logisch strukturiert ist. Z.B., die Partikel „wa“ und „ga“ sind nicht eindeutig getrennt, weil es vom Willen und vom Kontext abhängt. Ich habe einen Artikel über das Thema gelesen, wie die beiden Partikeln in einem Satz verwendet werden. Zum Schluss hat der Autor geschrieben, dass der Gebrauch durch die Interpretation schwankt. Deswegen finde ich es wichtig, die Ambiguität der japanischen Sprache zu respektieren. Die Sprache ist entstanden, ohne zu wissen, was eigentlich effizient und logisch ist. Manchmal müssen sich die Japanisch-Lernenden mit zahlreichen Schwierigkeiten im Japanischen die Zähne ausbeißen, um die japanische Sprache auf höchsten Niveau zu meistern. Es ist wichtig, bereits im Fluss zu schwimmen (nicht immer im Schwimmbad), damit man sich merken kann, wie man schwimmen soll.
J: Das kann ich gut verstehen. Aber deine Methode ist nur für Studierenden, die viel Zeit haben. Du bist ja ein klug, weshalb du alles direkt verstehen kannst. Aber ich bin nicht so schlau. Ich muss immer nachdenken, um mir neue Ausdrücke zu merken. Am liebsten schreibe ich Sätze. Wenn ich den Text nur lese, kann ich es mir nicht merken, ich muss mir zumindest einen Teil aufschreiben. Ich verstehe die Theorie, aber in der Praxis ist das viel schwieriger.
M: Das ist eine Tatsache. Die Unbestimmtheit von der Sprache ist normal.
J: Nein, wenn es verständlich ist, dann ist es kein Problem. Die Unbestimmtheit ist nichts für uns, weil wir eben die Lernenden sind. Wenn es logisch und bestimmt ist, dann bräuchten wir nichts mehr zu lernen. Wir können sowieso nicht alles verstehen, was Muttersprachler sagen.
M: Dann haben wir verschiedene Meinungen. Du bist eher philosophisch, weil du behauptest, dass wir nur die Sache verstehen können, wenn wir sie perfekt beherrschen. Trotzdem, ich glaube auch an die Spiritualität, weil wir können durch die Kommunikation alles, was auch nicht zur Logik gehört, verstehen.
J: Mein Kompromiss lautet wie folgt: Die Vagheit ist wichtig, aber die Logik ist auch wichtig.
M: Haha, wir können nicht mehr weiter diskutieren, weil es wie diese Frage ist, was kam zuerst das Huhn oder das Ei.
J: Du hast recht! Ende der Diskussion. Keine Zeit mehr zum Bummelstudium. Wir gehen feiern, weil es schon zehn nach vier ist.
M: Wollen wir zum Biergarten am chinesischen Turm gehen?
J: Nein, lieber zum Café an der Uni.
M: Das Café ist doch weit von hier. Magst du kein Bier beim Hofbräuhaus?
J: Doch, aber ich denke, weil wir uns weiter für das Hauptseminar Verbreiten müssen, sollten wir lieber bei einer Tasse Kaffee oder Mineralwasser miteinander. Danach können wir tanzen gehen!
M: Quatsch! Echte Männer tanzen nicht!
Nachwort: Ich hoffe, sie hatten Spaß bei der fiktiven Debatte zwischen Julia und Markus. Das Motiv war ein reales Gespräch in einer Mensa beim Japanzentrum an der LMU. Ich möchte alle Leser*innen fragen, was Sie zum Sprachenlernen wichtig finden. Oder, welche Faktoren sind dabei wichtig, die Logik oder die Unbestimmtheit? Es wäre schön, wenn Sie mir Ihre Meinung schreiben könnten.